Uns gibt es noch. Wir haben immer wieder angesetzt zu einem neuen Blogeintrag. An den Wochenenden einen Post begonnen und nicht zu Ende gebracht. Uns fehlte neben dem Unterrichten via Zoom, den Korrekturen und der Planung der folgenden Woche schlicht die Zeit und die Energie um auch nur einen Beitrag zu beenden und zu veröffentlichen. Nach achtzehn Wochen Fernunterricht ohne Unterbruch waren wir ziemlich ausgelaugt und auf den Felgen. Bevor wir nun mit den Vorbereitungen der Unterrichts der nächsten fünf Wochen des zweiten Trimesters starten, ist es höchste Zeit für einen Blogeintrag.

Es wird Abend in den Bergen von Chosica.

Im Moment sind wir mitten in der zweiten Woche der ersten Ferien, konnten uns ein wenig entspannen und waren sogar zwei Tage ausserhalb von Lima im Ferienhaus eines Arbeitskollegen und seiner Frau zu Gast. In Chosica, einem Ort dreissig Kilometer von Lima entfernt, herrscht die ganze Zeit im Jahr ein sommerliches Klima. Die kleine Stadt wird deswegen auch “La Hermosa Villa del Sol” – die wunderschöne Stadt der Sonne – genannt. Der Himmel ist wolkenlos und in der Nacht funkelt der Sternenhimmel einzigartig. Die Lichtemissionen sind vergleichsweise gering und deshalb wirkt der Himmel unglaublich klar und tief. Chosica gehört bereits zur Sierra und damit zur Andenregion. Die Landschaft ist, wo nicht durch eine Fluss oder künstlich bewässert, äusserst karg. Wüstenähnlich, Sand und Geröll. Ein schöner Abstecher, der uns auf der Fahrt aber auch schlagartig vor Augen führt, in welcher Blase wir seit unserer Ankunft leben. Ein paar wenige Kilometer mit dem Auto Richtung Stadtrand verändert sich das Bild komplett. Die Strassen sind staubig, der herumliegende Abfall unüberseh- und riechbar. Die Leiche am Strassenrand scheint hier zum Alltag zu gehören wie der umgekippte Lastwagen ein paar hundert Meter später. Die Armut ist deutlich spürbar und wir werden bei der Hinfahrt etwas besser gestimmt, als sich der Nebel lichtet und langsam die Sonne durchdringt. Wir lassen Lima für eine kurze Zeit hinter uns.

In Lima ist zurzeit Winter, meistens ist es grau. Doch gibt es auch Tage, an denen sich die Sonne zeigt und die Temperaturen in kürzester Zeit auf 25 Grad hochschnellen. Die Durschnittstemperatur liegt momentan bei 17 Grad. Wir befinden uns immer noch im Ausnahmezustand. Zwischen 10 Uhr abends bis 5 Uhr morgens, herrscht immer noch Ausgangssperre. In anderen Provinzen sind die Regelungen strenger. Stand heute 29. Juli 2020: 395.005 COVID-19- Infektionen, von gestern bis heute 5.288 Neuansteckungen und insgesamt 18.612 Tote. Somit ist Peru weltweit auf Rangliste sieben (gemäss der Karte von der Johns-Hopkins Universität). Die Regierung unter Präsident Martín Vizcarra hat in den letzten Wochen stetig die Einschränkungen gelockert. Reisen in einige Provinzen sind erlaubt und es werden auch bereits wieder einige Destinationen im Inland angeflogen. Mit Maskenpflicht und zusätzlichem Plexiglasgesichtsschutz. Es darf auch wieder Essen ausgeliefert werden, man kann online fast alles bestellen was das Herz begehrt. Die Essenslieferungen kommen per Motorrad, grössere Sachen wie beispielsweise Möbel und die Trinkwassertanks mit kleinen Lastwagen. Alles in allem sehr unkompliziert und äusserst zuverlässig. Den Grill, den wir via Website, mit anschliessender Kommunikation über WhatsApp, bestellt hatten, war rund dreissig Minuten nach Bezahlung bei uns. Die Lebensmittel holten wir uns während der ganzen Zeit im nahegelegenen Einkaufsladen Wong. Einkaufen war bis vor kurzem nur alleine erlaubt, eine Person pro Haushalt. Die Lautsprecherdurchsagen im Wong plärren zwar immer noch, dass es so sei. Aber es hält sich niemand mehr daran. Wie es sich offiziell damit verhält, wissen wir nicht.

Endzeitstimmung in den Gängen des Schulhauses.
Der Rasen der benachbarten Schule hat sichtlich gelitten
Wie ausgestorben: Spinde auf den Flur.

Das Eingesperrtsein ist eine neue Erfahrung und wir kamen teilweise auch an unserer Grenzen. Wir haben das Glück, eine schöne Wohnung zu haben, inklusive grosser Terrasse, die uns schon oft vor dem drohenden Einsturz der imaginären Decke bewahrt hat. Wir versuchen uns bei Laune zu halten und geniessen zu Hause kulinarische Köstlichkeiten, an denen es hier nicht mangelt.

Colita de cuadril
Choclo, res y anillos de cebolla con tocino