Anfangs Mai sind wir eine knappe Woche in Tarma und erkunden von dort aus in eintägigen Exkursionen die Gegend. Nach Tarma gelangt man über den Paso Ticlio, ein Hochgebirgspass mit einer Höhe von 4818 m. Die Strasse ist stark befahren und unzählige Lastwagen kriechen die Nationalstrasse Ruta nacional PE-22 hinauf. An einigen Stellen stehen wir eine halbe Stunde, um später dann die Ursache unserer Wartezeit zu sehen: mal ist es ein verunfallter Bus, dann eine Panne auf einer ungünstigen Passage, später ein umgekippter Holzlaster in einer Haarnadelkurve. Einige versuchen in ihren Autos, den Stau irgendwie zu umgehen oder zu verkürzen. So drängeln sie dann in die kleinsten Lücken, überholen an den unmöglichsten Stellen und behindern so auch Ambulanz und Polizei. Verärgerte Lastawagenfahrer haben sich auf einem kleinen Plateau versammelt und fluchen zusammen lautstark über die Tunichtgute, vereinzelt fliegen Steine. Die Stimmung wirkt aufgeladen, beruhigt sich aber, sobald als es an die Weiterfahrt geht.

Ruta nacional PE-22 – Stau in beide Richtungen.
Die Kurve nicht gekriegt, aber bereits wieder aufgestellt und die Fracht von der Strasse entfernt.
Überholmanöver nach peruanischer Art.
Die verschiedenfarbigen Berge bieten einen imposanten Kontrast zur ansonsten kargen Landschaft.
Die verschiedenfarbigen Berge bieten einen imposanten Kontrast zur ansonsten kargen Umgebung.

Die verschiedenfarbigen Berge bieten einen imposanten Kontrast zur ansonsten kargen Landschaft. Wir passieren etliche Bergbaugebiete und Minen und schliesslich auch die Stadt La Oroya. Da wir in etwa wissen, was uns erwartet, hält sich unser Entsetzen über die Hässlichkeit diese Ortes in Grenzen. Die Stadt liegt an der Einmündung des Rio Yauli in den Rio Mantaro, nah umrandet von Bergen, die alle einen äusserst ausgelaugten Eindruck abgeben. Kein Busch, kein Gras wächst auf diesem Untergrund. Die Stadt La Oroya gilt als das Bergbauzentrum Perus. Blei, Kupfer, Zink, aber auch Gold und Silber werden hier gefördert. Obwohl grosse Teile der Verhüttungsanlagen stillgelegt sind, wird weiterhin geschürft und weiterverarbeitet. 2018 versuchten Minenarbeiter mit der Unterstützung von Gewerkschaften, die Anlagen zu erwerben. Es kam zu gewaltsamen Protesten, die zum Ziel hatten, Umweltstandards zu senken um somit die Anlagen weiterbetreiben zu können. Dies kam letztlich nicht zu Stande.

Wir passieren etliche Bergbaugebiete und Minen.
Wir passieren etliche Bergbaugebiete und Minen.

Die Einwohnerzahl hat sich während der letzten Jahren kontinuierlich reduziert. 2007 zählte die Sadt noch über 15 000 Einwohner, Stand heute: 10 000 Einwohner. Viele von ihnen leiden an den schlechten Bedingungen in der Gegend. Regnet es, versickert das Gift, welches zur Gewinnung und Weiterverarbeitung der Bodenschätze verwendet wird, mit dem Regenwasser im Boden und gelangt in die Flüsse. Ist es trocken, wird das Arsen mit dem Wind grossflächig verteilt und kontaminiert so Luft, Land und Wasser. Viele Menschen in der Umgebung von La Oroya beklagen Nieren- und Nervenleiden, Asthma, Bronchitiserkrankungen oder andere Vergiftungserscheinungen. Die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen hier liegt bei 40 Jahren. Die Stadt gilt laut der US-Umweltschutzorganisation Pure Earth vom Blacksmith Institute als einer der zehn schmutzigsten und verseuchtesten Orte der Welt. In La Oroya liegt auch der höchstgelegenste Golfplatz der Welt.

La Oroya liegt an der Einmündung des Rio Yauli in den Rio Mantaro …
… nah umrandet von Bergen, die alle einen äusserst ausgelaugten Eindruck abgeben.
La Oroya – ein Blick zurück.

Nach einer eintägigen Reise im Auto erreichen wir Tarma, eine kleine Stadt an der Ostseite der zentralperuanischen Kordillere rund 3000 Meter über dem Meeresspiegel. Die Umgebung von Tarma ist ein wichtiges Gemüse- und Blumenanbaugebiet von Lima. Auch ist der Kartoffelanbau in der Gegend für ganz Peru von Bedeutung. Was uns erstaunt, denn die Äcker sind relativ klein und überschaubar, werden von Hand mit einfachen Werkzeugen bestellt. Hin und wieder sieht man Ochsen die einen Pflug ziehen, sehr selten hingegen treffen wir Traktoren an. Beinahe allgegenwärtig sind Eukalyptusbäume. Ihr intensiver und erfrischender Duft, der überall in der Luft hängt, ist sehr angenehm. Die Bäume wurden angepflanzt um mit der Aufforstung der Flächen die Abtragung des Erdreichs zu verhindern. Die allochthonen Pflanzen sind jedoch nicht unproblematisch, da ihr hoher Wasserbedarf den Grundwasserspiegel stark absenkt und so einheimischen Gewächsen die Wasserversorgung erschwert.

Die Äcker sind klein und überschaubar und werden von Hand mit einfachen Werkzeugen bestellt.
Ein kleines Dorf am Weg nach Tarma.
Noch eine Stunde bis Tarma..

In Tarma richten wir uns in der Hacienda Santa Maria ein. Das Hotel, ein ehemaliges Gehöft, liegt etwas erhöht über der Stadt und versprüht einen ganz eigenen Charme. Das Gebäude stammt aus der Kolonialzeit und ist von Blumenfeldern umgeben. Die Hacienda verfügt über einen riesigen und liebevoll gepflegten Garten. Hier decken wir uns mit einigen Sukkulenten ein, welche wir mit uns nach Lima zurücknehmen, um noch etwas mehr Grün auf die Terrasse zu bringen.

Im Speisesaal, wo wir jeweils frühstücken, scheint die Zeit stillgestanden zu sein. Ein riesiges Wandbild zeigt eine Fuchsjagd nach europäischen Vorbild. Die warmen Brötchen, welche mit Butter und Marmelade serviert werden, sind typisch für Tarma und duften herrlich nach Holzofen. Die Zimmer sind einfach eingerichtet und sehr sauber. In der Nacht wird es empfindlich kalt. Von Tarma aus unternehmen wir Ausflüge in die Städte La Merced und Junin und besuchen das Naturreservat Junin mit dem zweitgrössten See Perus auf 4000 m ü. M.

Das Naturreservat Junin.
Eindrückliche Wolken in der Pampa bei Junin.
Unterwegs auf Seitenstrassen sind wir meistens alleine.